Mein Domizil in Quesada -  Gedanken über Don Quijote

Mein Domizil in Quesada -

Gedanken über Don Quijote


Von Bernd Koldewey

Nachdem ich mich in meinem neuen Wohnsitz in Quesada eingerichtet habe und mir es sichtlich wohl geht, begann ich damit, darüber nachzudenken, wie es wohl Don Quijote erging, als er zwischen seinen Büchern saß und sie mit Leidenschaft studierte. Er lebte zurückgezogen in seinem Haus und verschanzte sich oft in seiner eigenen Bibliothek. Umgeben von seinen vielen Büchern, die er sich im Laufe von Jahren erworben hatte, tauchte er ab in einer Welt der Ritterschaft.

 

Doch die Ära der heldenhaften Ritter mit ihren guten Taten und Tugenden ist längst vergangen. Doch für Don Quijote existierten sie noch. Er wollte ein Ritter werden. Die reale Welt war für ihn nicht mehr relevant. In seiner Fantasie ging es nur um das Gute, dieses zu erhalten und zu schützen. Ganz so wie es einst die Ritter getan haben. Ich verstehe, wie Don Quijote sich gefühlt hat, als er zwischen seinen Büchern saß und sie mit Begeisterung und Leidenschaft verinnerlichte. Ein wahrer Schatz in seiner Bibliothek ist der Roman „Die Abenteuer des fahrenden Ritters Amadís de Gaula“ von Garci Rodríguez de Montalvo, ein spanischer Schriftsteller (ca. 1450 – ca. 1505). Es handelt von den Heldentaten und der Suche nach Ehre, Mut und Abenteuer des tapferen Ritters Amadís, der in seinen Abenteuern für Ehre, Liebe und Tugend sowie auch gegen Drachen kämpfte. Ritterromantik und Heldentaten, die Don Quijotes Träume und Fantasie anregten.

Die Bibliothek in meinem neuen Heim in Quesada

Die Bibliothek in meinem neuen Heim in Quesada

Zu meinem Erstaunen beherbergt mein gemietetes Haus in Quesada auch eine kleine Bibliothek mit zahlreichen Büchern. Ich kann dort nach meinen Vorlieben stöbern und lesen. In den literarischen Büchern hat die Familie meiner Vermieterin, die viel in der Welt herumgekommen ist, ihre Erinnerungen und Reisen dokumentiert. Auch sonst hat das Haus seine eigene Geschichte. Die vielen Bilder an den Wänden dokumentieren ebenfalls das Zeitgeschehen der Familie. Über alles wacht der gute Geist des Hauses, der Großvater meiner Vermieterin. Für mich ist das eine glückliche Fügung, hier wohnen zu dürfen. Ich fühle mich hier sehr wohl. Das Haus gibt mir innerliche Kraft und die nötige Energie, um mein Schreiben über Don Quijote umzusetzen.

 

Inspiriert von den Gedanken des Don Quijotes möchte ich mich in meiner Spurensuche damit beschäftigen, wie es dazu kam, dass er zum Ritter von der traurigen Gestalt wurde. Natürlich weiß man, dass es sein treuer Schildknappe Sancho Pansa war, der ihm den Beinamen gab. Denn beide haben zahlreiche Niederlagen und Abenteuer erlebt und haben daraus gelernt, dass man nicht immer siegen muss. Auch in der Niederlage, die ganz Menschlich ist, darf man sich nicht abhalten lassen. Man muss aufstehen und weitermachen.

 

Ich sehe mich in Spanien nicht als Tourist oder Urlauber, sondern als Forschungsreisender, der im eigenen Interesse die Spuren des Don Quijote ergründen möchte. Gerade heute, wo die Welt sich im ständigen Wandel befindet (leider auch Kriege), ist es für mich wichtig, herauszufinden, wie man die Zeiten des Helden Don Quijotes mit der heutigen Zeit in Verbindung bringen kann. Es ist eine große Herausforderung, all den Orten gerecht zu werden, die im Miguel Cervantes-Werk beschrieben werden. Denn dort werden nur wenige Ortschaften genannt. So heißt es im Buch zu Beginn des 1. Kapitels: „An einem Ort der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Junker.“


Wo lebte Don Quijote?


Spanische Wissenschaftler, die sich mit dem Werk beschäftigt haben, fanden heraus, dass es sich vermutlich nur um einen Ort handeln könnte. Nämlich um die Ortschaft Villanueva de los Infantes. Ziemlich sicher ist man sich über die Ortschaft El Toboso, denn hier, so wird es im Buch beschrieben, lebt seine große Liebe Dulcinea.

 

Doch bin ich gerade erst in Quesada angekommen und genieße die andalusische Bergluft. Don Quijotes Spurensuch muss noch ein wenig warten. Ich erhole mich von der langen Anreise. Außerdem möchte ich Quesada und seine Bewohner besser kennenlernen, denn schließlich lebe ich hier zumindest für eine gewisse Zeit. Meine ersten Eindrücke möchte ich so formulieren: Die Menschen hier sind sehr aufgeschlossen und kommunizieren gerne. Sie sind hilfsbereit und respektieren sich untereinander, egal welcher Herkunft oder Hautfarbe. Für mich vorbildhaft, so, wie man sich ein Miteinander vorstellen sollte.

Gebirge und Hochebene der Sierra de Cazorla bei Quesada

Gebirge und Hochebene der Sierra de Cazorla bei Quesada

Ich wohne in der Cale del Arte Flamenco. Von dort sind es nur wenige Schritte bis zur Plaza de la Coronación, dem zentralen Ort in Quesada. In den vielen Bars und Restaurants kann man sich nicht nur bei den leckeren Tapas und gutem Essen verwöhnen lassen, nein man kann auch Menschen sehen, die sich auf angenehmer, unterhaltsame Weise an dem Leben erfreuen. Sie begrüßen sich mit einem herzhaften „Buenos días“. So kann ein Tag nur positiv beginnen. Mir gefällt das und es inspiriert mich sehr. Diese Lebensweise der Menschen hier bestärkt mich und zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Quesada (Jaén) in der Region des Alto Guadalquivir


Das malerische kleine Bergstädtchen Quesada liegt in der südlichen Provinz Jaén in der Region Andalusien. Der ursprüngliche historische Teil des Stadtzentrums stammt aus der Zeit der Westgoten. Auch in der Zeit der arabischen Herrschaft war Quesada eine bedeutende Siedlung. In der Bergwelt der Sierra de Quesada befinden sich einige Höhlen, prähistorische Stätten mit Höhlenmalereien. Diese weisen auf eine Besiedlung des 3. Jahrtausend v. Chr. hin. Schon in der Bronzezeit im 2. Jahrtausend v. Chr. blühte die Region auf.


Quesada (675 m ü. d. M.) mit etwas über 5.100 Einwohnern ist ein wunderbarer malerischer Ort in der faszinierende Bergwelt der Provinz Jaén in unmittelbarer Umgebung des Naturparks Cazorla, Segura y Las Villas. Das typische andalusische Bergdorf mit seinen weißen Fassaden und engen, blumengeschmückten Gassen, eingehüllt mit den weitläufigen Olivenplantagen, bietet eine Landschaftliche Kulisse, die das Herz erwärmt. Man kann sich hier nur wohlfühlen. Die Einwohner werden als quesadenses oder quesadeños bezeichnet. Jeden Tag bin ich zu Fuß unterwegs und erkunde die Umgebung und natürlich auch die vielen Sehenswürdigkeiten die Quesada zu bieten hat.


In Quesada gibt es mehrere lokale traditionelle Bräuche und Feierlichkeiten, die das Leben der Gemeinschaft bereichern. Hier sind ein paar von Ihnen: Semana Santa (Karwoche): Quesada feiert wie viele andere spanische Städte und Dörfer die Semana Santa, die durch Prozessionen, religiöse Feiern und traditionelle Veranstaltungen gekennzeichnet ist. Die Karwoche ist eine Zeit der Andacht und man freut sich auf die Gemeinschaft des Miteinander. Fiesta de San Juan: Die Fiesta de San Juan, die dem Heiligen Johannes gewidmet ist, wird am 24. Juni in Quesada gefeiert. Eine heitere Feier mit Feuerwerk, Tanz und Musik. Die Menschen springen üblicherweise über Lagerfeuer, um sich von negativen Energien zu reinigen. Fiesta de la Virgen de Tiscar: Bei diesem Fest wird die Jungfrau von Tiscar, die Schutzpatronin der Stadt Quesada, geehrt. Am 1. Sonntag im September finden die Wallfahrten, Prozessionen, Musik, Tanz und kulinarische Freuden statt. Fiesta de la Candelaria: Am 2. Februar finden die Feierlichkeiten der Fiesta de la Candelaria statt. An diesem Tag zünden die Menschen Kerzen an und huldigen der Reinheit der Jungfrau Maria. Fiesta de San Sebastián: Die Feierlichkeiten des Heiligen Sebastians finden jedes Jahr am 20. Januar statt. Es handelt sich um eine traditionelle Feier mit Prozessionen und feierlichen Veranstaltungen. Diese Feste sind eine großartige Gelegenheit, die lokale Kultur und Gemeinschaft in Quesada zu erleben.

Blumengeschmückte Gassen mit weißen Häusern im historischen Viertel von Quesada

Blumengeschmückte Gassen mit weißen Häusern im historischen Viertel von Quesada

Das Rathaus von Quesada

Das Rathaus und der Park an der Plaza de la Coronación

Quesada am Wochenende

Quesada am Wochenende

Iglesia de San Pedro y San Pablo

Iglesia de San Pedro y San Pablo

 

Die Kirche St. Peter und Paul erinnert an die Eroberung von Quesada, die am 29. Juni 1310, dem Festtag dieser beiden Apostel, stattfand. Sie stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist auf den Überresten einer alten Moschee erbaut. Der Grundriss der Kirche mit lateinischem Kreuz mit drei Schiffen hebt das ovale Querhausgewölbe und die Kapelle im gotischen Stil unter dem Turm besonders hervor. Im Inneren der Kirche sind neoklassizistische Aspekte zu sehen, die die Stilepoche des Spätbarocks repräsentieren. Außen ist eine Gedenkstätte der Jungfrau von Tíscar.

Iglesia de San Pedro y San Pablo in Quesada

Die Kirche St. Peter und Paul mit der Schutzheiligen von Quesada „die Jungfrau von Tíscar“

Arco de la Manquita de Utera - Bogen der Manquita de Utera

 

Es ist eines der von der früheren Quesada-Festung erhaltenen Stadttore. Es wird davon ausgegangen, dass es keine muslimische Herkunft hat und dass es bei der Errichtung eine städtische Funktion gehabt haben muss, die den Ein- und Ausgang für die Bewohner der befestigten Anlage möglicherweise vereinfachte. Daher kann man ihn auf das 16. bis 17. Jahrhundert datieren.

 

Arco de los Santos - Bogen der Heiligen

 

Im 14. Jahrhundert wurde dieser gotische Bogen als Stadttor (später Galgentor genannt) der alten, ummauerten Stadtbefestigung errichtet. Ein Spitzbogen mit einem keilförmigen Stein (Voussoirs), ein erster Stein (Salmer) eines Gewölbebogens und ein hölzerner Pfosten im Mauerwerk sind die Elemente des vorderen Teils. Die Rückseite des halbrunden Bogens schmückt ein Gemälde des Heiligen Antlitzes von Jaén. Außerdem befindet sich dort eine römische Grabstele, die der Priesterin Caia Rufina aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. geweiht ist und ein Denkmal für einen Verstorbenen darstellt. „Caia Rufina, eine Priesterin, widmete dieses Epitaph ihrem Sohn Caio Rufino“, so heißt es in der Aufschrift: Er starb im Alter von 21 Jahren. Hier ist er begraben. „Lass die Erde Licht sein.“ Seit 1985 ist es ein Kulturgut.

Die Torbögen Arco de la Manquita de Utrera und Arco de Los Santos

Die Torbögen Arco de la Manquita de Utrera und Arco de Los Santos

Mauern des Alcázar de Quesada

 

Teile der alten Stadtbefestigung von Quesada aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind noch in den Straßen El Cinto, Alcázar, Alcaldía, Paseo de Santa María, Mirador de Camilo José Cela und Plaza de la Lonja erhalten. Es gibt einen rechteckigen Turm, dessen Ecken mit Seilen und Kreidemauerwerk geschützt sind. Die poetische Ecke in der Straße Barrio de la Plaza de la Iglesia wurde mit Motiven von Hernán Pérez de Quesada und Rafael Zabaleta geschmückt. Die am 15. April eingeweiht wurde.

Stadtbefestigung von Quesada
Stadtbefestigung von Quesada

Einsiedelei San Sebastián


Eine kleine Wanderung zur kleinen Kapelle in den Bergen, versteckt in den Olivenhainen. Diese kleine Einsiedelei stammt aus den 40er Jahren des 20.Jahrhunderts und ist einfach gebaut. Ein halbkreisförmiger Bogen ermöglicht seinen Zugang, und als Krönung des gesamten Komplexes befindet sich ein Glockenturmkörper mit Kreuz. Sie widmet sich dem Schutzpatron der Stadt Quesada, der ihr den Namen gegeben hat. San Sebastian ist Quesadas Schutzheiliger.

Einsiedelei San Sebastián von Quesada

Museums Zabaleta - Miguel Hernández

 

Das Museum widmet sich dem Maler Rafael Zabaleta der in der Stadt Quesada 1907 geboren wurde. Am 1. Dezember 2008 wurde das neue Hauptquartier, das 1963 gegründet wurde, eingeweiht. Es umfasst 1227 Arbeiten. Um ihm posthum Tribut zu zollen, enthält es 114 Ölgemälde, 11 Aquarelle und 500 Zeichnungen von Zabaleta. Darüber hinaus enthält es persönliche Gegenstände des Malers und Werke großer Meister des 20. Jahrhunderts wie Miró, Picasso, Tapies, Canogar oder Miralles.

Museums Zabaleta - Miguel Hernández
Der Maler Rafael Zabaleta aus Quesada

Der Maler Rafael Zabaleta aus Quesada

Hinweistafel auf der Plaza de la Coronación  zu Ehren von Josefina Manresa und Miguel Hernández in Quesada

Hinweistafel auf der Plaza de la Coronación zu Ehren von Josefina Manresa und Miguel Hernández in Quesada

Im Erdgeschoss des Museums von Zabaleta befindet sich das am 28. März 2015 eingeweihte Museum Miguel Hernández – Josefina Manresa. Es sammelt einen Großteil des Vermächtnisses des Dichters Miguel Hernández. Es reagiert auf einen chronologischen Diskurs, der das Werk und Leben des Dichters und seiner Frau Josefina Manresa in sechs Ausstellungsräumen behandelt. Das Museum bemüht sich, Miguel Hernández‘ poetische Sensibilität und seine Lebensbotschaften in ihrer Tiefe zu vermitteln. Ein Schatz spanischer Literatur: Der enorme kulturelle Wert seines Werkes, seine soziale Dimension und Solidarität sowie ein persönliches Verhalten, das auf Einfachheit, ständiger persönlicher Anstrengung und Autodidaktik basiert. Literatur wird verwendet, um ein positives Lebensgefühl zu schaffen, um soziales Engagement und Solidarität zu fördern, die Menschenrechte zu verteidigen und den persönlichen Einsatz sowie das Selbstwertgefühl zu fördern. Informationen und Öffnungszeiten über das Museum unter: http://museozabaleta.blogspot.com.

Cruz del Humilladero
Gedenkstein des Dichters Antonio Machado

Cruz del Humilladero und das Mirador de los Poetas

 

Am Ortsausgang, etwas oberhalb von Quesada, befindet sich das Kreuz des Humilladero. Es liegt an der Straße, die in Richtung Tiscar (A-6206) führt. Das aus Schmiedeeisen gefertigte Kreuz steht auf einem abgestuften quadratischen Steinsockel und auf einer Säule. Gleich daneben in einer Grünanlage das Mirador de los Poetas (Balkon der Dichter) mit fantastischer Aussicht auf die Bergwelt von Quesada. Auf einem Gedenkstein würdigt man den spanischen Dichter Antonio Machado und zitiert ein Gedicht von ihm. Mit den schönen Versen entführt uns Machado in die emotionale Landschaft Spaniens. Das Gedicht spiegelt die Schönheit und Leidenschaft des Lebens in der Natur wider. Der Mond, die Olivenbäume und die Furchtbarkeit der Landschaft sind mit menschlichen Gefühlen verflochten.

 

“En Alicún se cantaba:

‘Si la luna sale, mejor entre los olivos que en los espartales.’

Y en la sierra de Quesada:

‘Vivo en pecado mortal: no te debiera querer; por eso te quiero más.’

Quesada

Darüber hinaus hat Quesada noch einiges mehr zu bieten. Ein Bummel durch den alten, historischen Stadtkern mit seinen blumengeschmückten Gassen ist bestimmt ein Highlight der Stadtbesichtigung und darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Ich bin überwältigt von dem Engagement der Bürger und Anwohner, die sich um den Erhalt der Pflanzen und Blumen kümmern.


Das Heiligtum der Jungfrau von Tiscar sowie die Cueva del Agua de Tíscar (ein Naturschutzgebiet seit 2019) sind weitere Attraktionen in Quesada. Auch mit der spanischen Stadt Villajoyosa in der Provinz Alicante (Valencia) besteht seit 2018 eine Städtepartnerschaft.


Eine Anlaufstelle für Reisende, die mehr über Quesada und seine Umgebung, wie über den Naturpark Cazorla, Segura und Las Villas und seine Gebirgsregion sowie die Provinz Jaén erfahren möchten, ist im Fremdenverkehrsbüro an der Plaza de la Constitución gut aufgehoben.

 

Buen Camino!

 

Ihr Bernd Koldewey

Fernweh

In die Ferne will ich schweifen

und dabei den Horizont berühren.

Mythos

Schon seit Urzeiten pilgern

Menschen zu ihren

Märtyrern und Heiligtümern.

Kult

In ganz Europa interessieren sich immer mehr Menschen für den Jakobsweg.